Essen. Mit dieser Frage hat sich das Landessozialgericht (LSG) an den Europäischen Gerichtshof gewandt (Beschluss vom 08.04.2024, L 12 SO 87/22; EuGH C-257/24) 

Die 2009 geborene Klägerin ist Deutsche und wohnt in Belgien. Sie leidet aufgrund einer geistigen Behinderung an einer Entwicklungsstörung und besucht eine Gesamtschule in Aachen, wo ihre Mutter arbeitet. Ihren Antrag auf Gewährung von Eingliederungshilfe in Form von Schulassistenzleistungen lehnte die beklagte Städteregion Aachen ab. Widerspruch und Klage blieben erfolglos. 

Mit der Berufung macht die Klägerin die Kostenerstattung für die in der Vergangenheit in Anspruch genommenen Schulassistenzleistungen geltend. Das LSG sieht diese bei isolierter Betrachtung nach nationalem Recht als unbegründet an, da § 101 SGB IX für Deutsche mit gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland einen Leistungsausschluss für die Eingliederungshilfe enthalte und die dort normierten Ausnahmen im Falle der Klägerin nicht einschlägig seien. Daher komme es entscheidend auf die Auslegung des EU-Rechts an. 

Der EuGH solle nun im Rahmen des Vorabentscheidungsersuchens klären,

 - ob es sich bei der Eingliederungshilfe in Gestalt der Schulassistenzleistung um eine „Leistung bei Krankheit“ im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 handele; 

- ob der Leistungsausschluss gegen Art. 7 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 verstoße, wonach einem Arbeitnehmer (und seinen Angehörigen) im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats die gleichen sozialen Vergünstigungen wie den inländischen Arbeitnehmern zukommen müssen; 

- ob der Leistungsausschluss eine sachlich nicht gerechtfertigte Beschränkung des Rechts auf Freizügigkeit gemäß Art. 20, 21 Abs. 1 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) darstelle. 

Würde eine dieser Fragen bejaht, hätte die Berufung aufgrund des Anwendungsvorrangs europarechtlicher Vorschriften nach Einschätzung des LSG Erfolg.